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Heidelberg - Der Kabelnetzbetreiber Kabel BW sah sich in letzter Zeit Kritik ausgesetzt. Sender haben sich Branchenkreisen zufolge darüber beschwert, dass das Unternehmen plötzlich eine Einspeisungsgebühr erheben würde.
Im Interview mit DIGITAL FERNSEHEN versucht Kabel-BW-Sprecher Martin Herkommer die Vorwürfe zu entkräften.
DIGITAL FERNSEHEN: Herr Herkommer, einige Sender beschweren sich derzeit über Kabel BW, weil angeblich eine Einspeisungsgebühr von 4,5 Cent pro Haushalt erhoben wird. Können Sie uns diese Forderung bestätigen?
Martin Herkommer: Grundsätzlich wird in Deutschland die Kabelverbreitung in zwei Netzbereiche unterschieden: Zum einen das Einspeisenetz, das die Zuführung der Programme zu den entsprechenden Netzknoten und die Aufbereitung und Bereitstellung in entsprechenden Kanalrastern vorsieht, zum anderen das Verteilnetz, welches die Leitungen in den Straßen und in die Häuser der Kunden umfasst. Im etablierten Vergütungsmodell der Kabelverbreitung zahlen hierbei die Sender, sowohl private als auch öffentlich-rechtliche, kleine wie große für die Transportleistung im Einspeisenetz entsprechende Einspeiseentgelte und die Endkunden entsprechende Kabelanschlussentgelte für die Signallieferung über das Verteilnetz. Diese Aufteilung entspricht auch den telekommunikationsrechtlichen Regelungen. Dabei ist der Kabelnetzbetreiber aufgrund einer Regulierungsverfügung der Bundesnetzagentur für den sogenannnten Einspeisemarkt dazu verpflichtet, dies transparent und diskriminierungsfrei zu machen, also insbesondere die einspeisenden Sendeunternehmen entsprechend gleich zu behandeln. Die Höhe der Einspeiseentgelte richtet sich nach der Art der Übertragung. Hier wird also unterschieden zwischen TV analog, digital SDTV oder HDTV, also grundsätzlich nach der belegten Kanalkapazität. Dies gilt im Übrigen auch für Hörfunk. Das aktuelle Preismodell gilt bei Kabel BW für Neuverträge seit 1.1.2006. Zuvor waren zum Teil noch die alten, von der Telekom festgelegten Einspeiseentgelte gültig. Das heißt konkret, dass Kabel BW Einspeisegebühren erhebt, diese Einspeise-Preisliste wird jedoch nicht allgemein veröffentlicht, sondern lediglich allen Programmanbietern und der Bundesnetzagentur zugänglich gemacht.
DF: Welche Sender haben sich denn konkret beschwert?
Herkommer: Unter Marketinggesichtspunkten sowie zur Erleichterung der Markteinführung von Digitalfernsehsendern, welche kabelexklusiv ausstrahlen oder im Simulcast verbreitet werden, hat Kabel BW für einen gewissen Zeitraum ab Einspeisestart einen Einführungsrabatt in Höhe der digitalen Einspeiseentgelte gewährt. Diese Zeiträume sind allerdings zwischenzeitlich weitgehend abgelaufen, sodass bis auf Einzelfälle die Sender auch für die digitale Verbreitung die vollen Einspeiseentgelte bezahlen.
DF: Das heißt ja eigentlich nur, dass für die betroffenen Sender ein bisher kostenfreier Rabatt im Rahmen des Vertrages ausläuft. Auf welcher Berechnungsgrundlage basiert denn die Höhe der nun fälligen Enspeiseentgelte?
Herkommer: Kabel BW hat die Kosten für das Einspeise- und Verteilnetz in einer Studie von einer unabhängigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erheben lassen und in ein Pricingmodell bezogen auf die Kanalkapazität umrechnen lassen. Bei dieser Berechnung wurde Wert darauf gelegt, dass die Erhebungsgrundlagen den Grundsätzen der kosteneffizienten Leistungserbringung entsprechen, die für marktbeherrschende Unternehmen von der Bundesnetzagentur zur Genehmigung von im Voraus zu genehmigenden Vorleistungspreisen herangezogen wird. Kabel BW geht damit sogar freiwillig über die Verpflichtungen der Bundesnetzagentur hinaus, die eine solche Vorausgenehmigungspflicht für Einspeiseentgelte nicht festgelegt hat. Das Ergebnis dieser Entgeltberechnung ist Bestandteil des Kabel-BW-Standardangebots für Sender, das bei der Bundesnetzagentur hinterlegt ist, und stellt einen Preis pro erreichbaren Kundenhaushalt dar.
DF: Wie ist die derzeitige Lage: Müssen Kabel-BW-Kunden mit einem geringeren Angebot rechnen, weil diese Sender nun eventuell abschalten lassen?
Herkommer: Die aktuelle Preisstruktur hat seit Januar 2006 Gültigkeit und ist bei allen Sendern Bestandteil der Einspeiseverträge, die mit Kabel BW abgeschlossen wurden. Aktuell kennen wir daher keinen Sender, der aus diesem Grund unser Netz verlassen will.
DF: Führen Sie derzeit Gespräche mit den betroffenen Sendern? Gibt es eventuell eine Kompromisslösung für kleinere oder regionale Sender?
Herkommer: Insbesondere regionale Sender, die nur ein bestimmtes, nicht das ganze Kabel BW Netzgebiet umfassendes Verbreitungsgebiet haben, wollen lediglich in diesem Teilgebiet verbreitet werden. Dieses hat tatsächlich in erster Linie Kostengründe, da sie bisher für die digitale landesweite Verbreitung im Rahmen der oben beschriebenen Markteinführungskampagne nicht bezahlen mussten und diese Phase nun ausläuft. Hierzu führen wir laufend Gespräche mit diesen Sendern. Grundsätzlich sind wir als Reichweitenlieferant ständig im Gespräch mit allen Sendern als unsere Partner und Kunden.
Quelle:
Digitalfernsehen.de_________________